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«Dienen ist auch Sache der Küche»! 

Dies sind Worte aus dem Interview mit unserem Chefexperten Thomas Nussbaumer. Ein Mann, der weiss, wovon er spricht, wenn es ums Kochen geht.

Kochen ist ein Handwerk – Kochen ist klar und hat seinen Ablauf. Diese Worte widerspiegeln nicht nur seine Meinung übers Kochen, sondern auf eine Art und Weise auch die Person Thomas Nussbaumer. Ich habe Thomas schon ein paar Mal getroffen. Seine Arbeit wird sehr geschätzt. Als wir zusammen telefonierten, um für unser Gespräch einen Termin abzumachen, merkte ich schnell: Dieser Mensch ist klar im Ausdruck, lässt sich nicht so schnell beeinflussen und ist kein «Schwätzer».  Eigentlich könnte man jetzt fast den Eindruck bekommen, er sei ein harter Geschäftsmann. Doch zwischen den Zeilen spürt man auch ganz schnell, dass sich hinter dieser Person ein unglaublich empathischer Mensch verbirgt, der in seiner Klarheit seine Liebe zum Menschen in jedem Satz in irgendeiner Art hervorhebt. Sei es nur mit der Aussage, dass er als Chefexperte im Gegensatz zum Experten die Menschen ins Zentrum stellen kann und nicht deren Fehler. Und dies fasziniere ihn auch so sehr an diesem Amt, obwohl es für Thomas kein Amt ist. Ihm bedeutet es eine grosse Ehre, Chefexperte sein zu dürfen.

Thomas Nussbaumer ist seit 2012 Chefexperte «Köche und Küchenangestellte» im Kanton Basellandschaft. Er hat seine Kochlehre im Restaurant Krebs in Grenchen absolviert. Danach folgten Stationen in 5-Sterne Häuser, wie z.B. dem Giardino Ascona, bevor er mit seiner Frau in seiner Heimat Wisen einen Betrieb führte. Danach war er Küchenchef unter anderem im Bruderholzspital und bis heute ist er Leiter Gastronomie an der FHNW in Olten. Wenn er etwas tut, dann möchte er es richtig machen.

Zudem ist Thomas Präsident des Schweizerischen Kochverbandes.

FB: Was war Deine Motivation, Experte zu werden?
TN: Man ist stolz, es ist eine Ehre, wenn man Experte sein darf. So war es auch für mich, als ich das Amt im 2012 von Louis Diethelm übernehmen durfte.

Zudem hilft es dem Betrieb, wenn man Experte ist. Man weiss, was die Lernenden können müssen und kann sie somit optimal darauf vorbereiten. Für einen Betrieb ist es ein Mehrwert.

FB: Was ist für dich spannend an der Aufgabe des Chefexperten?
TN:Die Menschen und der Wechsel vom Experten zum Chefexperten hat mich sehr fasziniert. Als Expert hat man den Fokus auf den Fehler oder wie gearbeitet wird. Als Chefexperte ist der Fokus vor allem auf dem Menschen.

FB:Was bedeutet es denn genau, den Fokus auf den Menschen zu halten?
TN: Meine Aufgabe ist dafür zu sorgen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten in ihrem Rahmen die bestmögliche Arbeit abliefern können. Nervös sind alle. Doch ich möchte ihnen die Möglichkeit bieten, trotzdem ein angenehmes Klima vorzufinden. Sie dürfen akzeptieren, dass es für sie ein spezieller Tag ist und ich möchte auch entsprechend mit ihnen umgehen. An diesen Tag werden sie sich lange erinnern.

FB: Sprechen wir zuerst von den etwas unangenehmen Seiten eines Chefexperten. Was sind diese?
TN: Wenn jemand aufgeben möchte. In der Stresssituation ist es manchmal nicht abzuschätzen für die Kandidatinnen und Kandidaten, ob die Arbeit ausreichend ist. Ich muss sie dann motivieren, trotzdem noch durchzuziehen und zu probieren, ihnen erklären, dass sie erstens die Arbeit selbst nicht beurteilen können und zweitens die Prüfung verloren wäre, wenn sie aufgeben. 

FB: Jetzt zu den schönen Momenten. Ich sehe, da strahlst Du auch gerade viel mehr? Was sind denn die schönen Momente?
TN: Wenn sie tolle Leistung abliefern. Wenn sie kommen und ihre Arbeit sauber machen – ihr Handwerk beweisen. Meistens sind es die Frauen… (lacht..), ja wirklich.

FB:Du sagtest, es gäbe mehr weibliche Kandidatinnen unter den Top- Abschlussprüfungen. Sind Frauen denn die besseren Köche?
TN: Ich würde sagen, Frauen können vielleicht feiner abschmecken. Frauen bereiten sich gerade auf Prüfungen oft besser vor. Männer sind eher so «komm wir schauen mal». Ich beobachte auch, dass Frauen oft der Mut und die Selbstsicherheit fehlen. Der prozentuale Anteil bei den Frauen in höheren Stellen wie Chefköche oder Meisterköche nimmt ab. Bei der Lehrabschlussprüfung ist es etwa 50:50.

FB: Was braucht ein guter Koch?
TN: Viel Disziplin, Neugierde, Interesse an den Lebensmitteln und am Tun.  

FB: Und auch Kreativität?
TN: Nein, Kochen ist in meinen Augen kein kreativer Beruf. Es ist ein Handwerk mit klarer Herangehensweise. Ich finde es falsch, wenn man den Jungen verspricht, es sei etwas Kreatives. 

FB: Das erstaunt mich jetzt – was macht denn für dich einen guten Koch aus?
TN: Sein Wille und die Bereitschaft, Umwege zu gehen und das Bewusstsein, dass Dienen auch Sache der Küche ist.

FB: Wie waren die COVID – Prüfungen?
TN: Es wurde ein verkürztes Verfahren gemacht. Der Fischgang, das zweite Gemüse und das Kleingebäck wurden weggelassen. Es wurde in 4er Gruppen gearbeitet und die Lebensmittel wurde ihnen hingestellt. Es wurde darauf geachtet, dass nie mehr als 5 Personen in einem Raum waren.
Natürlich gab es keine Gäste, wie dies sonst üblich war.
Und trotz den Einschränkungen konnten wir Unterschiede bei den Arbeiten feststellen und auch benoten. Die meisten sind durchgekommen.
Ich bin froh, dass wir eine praktische Prüfung durchführen konnten.

FB:In deiner Chefexperten-Laufbahn – was war eines der bleibenden Erlebnisse?
TN: Der Wille und der Durchhaltewille von Kandidaten welchen die ganze Prüfungssituation schwer fällt. 

FB: Wie hat sich der Kochberuf gewandelt?
TN: Ganz klar die Technik. Heute ist jedoch wichtig, wie man die Technik einsetzt.
Der Beruf geht durch die Technik auch einen Schritt weg vom Handwerk. Wissen und Können ist wichtig, doch das Wissen wird immer wichtiger in den nächsten Jahren, um mit der Technik richtig umzugehen. 

FB: Wo siehst Du in der Ausbildung oft die Schwachstellen?
TN: Es gibt viele tolle junge und motivierte Lernende. Ein Potential sehe ich bei den Ausbildungsorten. Oft ist zu wenig Zeit und leider manchmal auch Interesse, das Handwerk weiterzugeben.

Dies sagt Thomas Nussbaumer mit einer Wehmut in der Stimme. Denn nach einer Stunde mit ihm über das Kochen und den Beruf zu sprechen weiss man: Ihm liegen die jungen Nachwuchsköche sehr am Herzen. Und er freut sich mit und für sie, über ihre persönlichen Erfolge oder wenn sie über sich hinauswachsen können. Er sehe es als eine Selbstverständlichkeit, etwas weiter zu geben. Seine Werte lebt er im Privaten gleich wie im Berufsalltag. Auch da ist er geradlinig. Wenn im Beruf seine Werte nicht mehr gelebt werden können, dann müsse er etwas ändern. Und es ist auch nicht verwunderlich, wenn ich ihn zum Schluss nach Zielen frage und er auf seine ehrliche und bodenständige Art sagt, dass er nicht grosse Ziele hat oder einen Plan. Sein grösster Wunsch sei zufrieden zu sein und was er tut, möchte er «guet mache». Er würde sich jedoch nicht als Perfektionist bezeichnen. Einfach gut möchte er die Dinge tun, dann bereiten sie Freude.

Fabienne Ballmer im Gespräch mit Thomas Nussbaumer