Leidenschaft – sich engagieren – einstehen für die Sache – Markus Thommen
Markus Thommen ist schon seit 38 ½ Jahren Küchenchef im Alters- und Pflegeheim Frenkenbündten. Seine Ausbildung absolvierte der Sohn eines Landwirts aus Bennwil in der Sonne in Sissach. Danach arbeitete er für das Suvretta House in St. Moritz, Eden Roc in Ascona und das Belvédère in Bern. Der Familienvater und 4-fache stolze Grossvater war ab 2006 im Vorstand von GastroBaselland und übernahm 2010 von Urs Stingelin das Präsidium. Er war der erste Präsident ohne einen eigenen Betrieb. Doch dies hinderte ihn nicht daran, für die Wirte einzustehen. In verschiedenen Gremien war er tätig und setzte sich stark für den Nachwuchs ein. Während 5 Jahren verkörperte er die Baselbieter Gastronomie.
FB: Wie war das, als Du zum Präsidenten gewählt wurdest? Gab es kritische Stimmen?
MT: Es gab ganz komische Reaktionen. Ein Wirt hat gesagt: «Das kann doch nicht sein, dass ein Küchenchef eines Altersheims Präsident unseres Verbandes wird. Ich habe ihm zwei Tage später das Präsidium angeboten. Dies hat er aber dann lachend ausgeschlagen und gemeint, «du machst das schon». So musste ich mich schon etwas durchkämpfen. Später war es aber dann kein Thema mehr.
FB: Du bist auf einem Bauernhof aufgewachsen. Hat dich das geprägt?
MT: Ja sehr, dies prägte mich im unternehmerischen Denken. Mich haben das Handeln und Unternehmertum stets fasziniert. Mein Vater war ein Vorbild.
FB: Aber selbst wolltest Du nie einen Gastrobetrieb führen:
MT: Doch, das Rössli in Hölstein war einmal ein Thema. Aber jetzt nicht mehr. Obwohl ich mit meiner Frau Ruth schon manchmal davon träume.
FB: Warum hast Du dich so sehr für den Verband eingesetzt?
MT: Weil mich das Unternehmertum stark interessierte. Zudem habe ich 32 Lernende ausgebildet.
«Die Jungen sind immer so wie wir sie machen».
FB: So viele Lernende?
MT: Ja, das war ein inniger Wunsch von mir, mit der Nachwuchsförderung der Gastronomie etwas zurückzugeben. Ich hatte die ganze Palette der Gastronomie gesehen in meiner Laufbahn. Vom Landgasthof bis zum 5 Sterne Hotel, das vegetarische Restaurant und am Schluss die Heimküche.
FB: Magst Du dich noch an alle Lernenden erinnern?
MT: Ja an alle – ich habe noch alle vor Augen. (bei diesen Worten strahlen seine Augen)
FB: Heute hört man oft, die Jugend sei nicht mehr, was sie mal war. Sie sei träge und fauler geworden?
MT: Die Jungen sind immer so, wie wir sie machen und wie wir ihnen es vorleben. Wir sind ihre Vorbilder. FB: Dann hat es viel mit Sinnhaftigkeit vermitteln zu tun, oder? MT: Genau, das Herzblut braucht es. Man muss Leidenschaft für den Beruf entwickeln.
FB: Ihr habt im Altersheim geregeltere Arbeitszeiten als in einem klassischen Restaurant. Seid ihr als Lehrbetrieb beliebter?
MT: Das ist ein gutes Stichwort. Wenn mir ein Schnupperlehrling sagt, er oder sie wolle wegen den Arbeitszeiten bei uns die Lehre absolvieren, dann nehme ich diesen bestimmt nicht. Die Arbeitszeiten sind kein Grund für oder gegen eine Lehre. Es geht um den Willen, das Herzblut und den Wunsch, diesen Beruf zu lernen.
Wenn Markus über seine Lernenden spricht, dann strahlt er. Er erzählt Geschichten über viele einzelne «Stifte». Keine Frage, das sind seine «Stifte». Bei ihm stehen nicht die Noten im Vordergrund, sondern die Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit, die er oder sie mitbringen. Dass er sich nach den Bewerbungen für einen dieser Lernenden definitiv entscheidet ist viel Bauchsache oder wie er sagt: «Wenn jemand seine Emotionen weckt und die Person ihn berührt, dann stelle ich sie oder ihn ein. «Und wenn es menschlich mit mir harmonierte, dann passten sie auch ins Team, jedenfalls meistens.
FB: Was ist dir wichtig im Beruf?
MT: Für mich steht die Qualität an oberster Stelle. Bewohnergerechte Küche. Jede Hausfrau und jeder Hausmann kochen heute gut. Wenn ich es nicht schaffe, hier im Altersheim bessere Qualität auf allen Ebenen hinzukriegen, dann sind wir es nicht wert, Koch zu sein.
FB: Wo fängt bei Dir die Qualität an?
MT: Ich lege sehr viel Wert auf regionale Produkte. Ich möchte wissen, was ich verarbeite und von wo diese Ware ist. Ich war noch nie im CC. Doch Qualität zeigt sich z.B. auch in der Umsetzung der «Caregastronomie». Dort ist es die Qualität der Dienstleistung. Sie zählt. Ich habe zusammen mit Transgourmet die Caregastronomie ins Leben gerufen. Dort gehe ich zum Teil zu den Bewohnern ins Zimmer und bespreche mit ihnen das Menu.
FB: Das ist aber schon sehr viel persönliche Betreuung?
MT: Ja, das ist so in der Palliativmedizin. Ich möchte, dass diese Menschen in den letzten Tagen ihres Lebens auch noch kulinarisch verwöhnt werden. Es motiviert mich sehr, dass die Patienten einfach zufrieden sind und sich über das Essen freuen. Denn dies ist auch ein Teil der Gesundheit.
FB: Kann man denn kreativ sein bei dieser Art von Kost?
MT: Ja, sehr sogar. Wir müssen ein schönes Bild auf den Teller zaubern trotz pürierter Kost. Manchmal fast schon wie ein Kunstwerk.
FB: Deine Gäste sind aber weniger kritisch, etwas plakativ gesagt?
MT: Nein, im Gegenteil. Mein Gast ist sogar sehr kritisch und vor allem: Er kann nicht weg. Er hat keine anderen Möglichkeiten. Darum möchte ich ihm auch grosse Vielfalt und beste Qualität bieten. Dies kann sehr fordernd sein.
FB: Bleiben deine Absolventen in der Heimgastronomie?
MT: Keiner von mir. Ich schicke alle in die Gastronomie. Ich führe sie auch dort hin. Selbst möchte ich auch keinen Koch einstellen, der nur in einem Heim gearbeitet hat.
FB: Was hat sich verändert in den Jahren?
MT: Die Technik mit den neuen Garmethoden haben das Kochen schon verändert. Mit den neuen Methoden kann ich wieder Fleischstücke kochen, die ich vorher nicht mehr gekocht habe.
FB: Und jetzt haben wir in deinen letzten Jahren noch so eine Krise. Was denkst du wird diese Krise für uns bewirken?
MT: Krisen machen stark. Es ist eine Chance für Veränderung. Diese müssen wir aber nutzen. Ich denke, unser Beruf wird sich noch viel mehr in Richtung Dienstleistung bewegen. Diese Veränderung müssen wir einfach zulassen.
FB: Zuletzt würde mich interessieren: Was gibt Dir im Leben immer wieder Kraft?
MT: Meine Frau, meine Familie, die Natur. Und immer wieder die Freude! Freude ist wichtig, überall.
Und mit diesen freudigen Sätzen kommen wir langsam zum Ende unseres Gespräches. Markus Thommen ist ein «Bauchmensch». Er liebt, was er tut und was er macht, tut er mit voller Begeisterung. Sei es in der Küche, mit seinen Lernenden oder beim Grosskinder Hüten. Und fast vergessen habe ich noch seine grosse Leidenschaft für die Musik. Sein Chor und seine Liebe zum Piano. Am Wochenende trifft man ihn öfters auch mal als aktiven Musiker an. Und auch dort immer mit Begeisterung. Selbst geht er am liebsten dorthin zum Essen, wo der Chef selbst kocht. Dies versteht man, wenn man ihn kennt. Denn er vermutet wahrscheinlich, wo selbst gekocht wird, ist man besonders achtsam. Markus ist ein Macher, der gerne unter Menschen ist. Ihm gibt der Gast mit seinen Emotionen die Wertschätzung. Und ganz zum Schluss unseres Gespräches meinte er schon fast demütig: «Bringen tut einem das Glück niemand, man muss es selbst machen».
Fabienne Ballmer